TRAUMA – 5 bekannte Störungen

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Die Entwicklung des Begriffs „Trauma“, so scheint es, hat in den letzten Jahren überproportional zugenommen. Im Zuge der letzten Flüchtlingswelle 2015/2016 konnte man auch in Deutschland beobachten, wie sich zunehmend mit den Folgen traumatischer Ereignisse und den damit verbundenen Verhaltensweisen auseinandergesetzt wurde. In immer mehr Bereichen des öffentlichen sowie privaten Bereichs ist man versucht eine geeignete Definition für das „Krankheitsbild“ von Traumata zu formulieren.
Im DSM-5 (einem internationalen Katalog für psychische Erkrankungen) findet man „Trauma- und belastungsbezogene Störungen“. Dabei handelt es sich um „…Störungen, bei denen das Vorliegen eines traumatischen oder stressreichen Ereignisses explizit als diagnostisches Kriterium gefordert wird.“ (dt. Version; Falkai, Wittchen; 2015; S. 361). Zudem werden verschiedene dazugehörige Störungsgruppen definiert:
- reaktive Bindungsstörung
- Beziehungsstörung mit Enthemmung
- posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)
- akute Belastungsstörung
- Anpassungsstörungen
Reaktive Bindungsstörung und Beziehungsstörung mit Enthemmung
Die beiden ersten Gruppen teilen sich als notwendiges diagnostisches Kriterium die soziale Vernachlässigung. Dabei ist für die reaktive Bindungsstörung eher internalisierendes Problemverhalten typisch, während bei der Beziehungsstörung mit Enthemmung eher externalisierendes Problemverhalten gezeigt wird. Traumatisierend sind bei diesen beiden Formen das Elternhaus bzw. das Elternverhalten und das damit einhergehende gestörte Bindungsverhalten.
Die PTBS – posttraumatische Belastungsstörung
Die PTSD hingegen stellt traumatisierende Ereignisse in den Vordergrund als „Auslöser“ für sie. Im DSM-5 heißt es dazu auf S. 373: „PTSD ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem oder mehreren traumatischen Ereignissen.“ (Falkai et al., 2015). Zu typischen Ereignissen, die zu einer PTSD führen können, werden die Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung und sexuelle Gewalt genannt (Falkai et al.; 2015; S. 369). Diese werden dann auf den folgenden Seiten noch genauer aufgelistet.
Zu den typischen Symptomen einer PTSD, die auftreten können, zählen laut DSM-5 z.B. Flashbacks, Veränderungen der Kognitionen oder Stimmung, leichte Reizbarkeit, riskantes und/oder selbstverletzendes Verhalten, suizidales Verhalten, erhöhte Schreckhaftigkeit und Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten, Alpträume, dissoziative Symptome und Entwicklungsregressionen (vor allem bei Kindern). Um eine PTSD diagnostizieren zu können, muss mindestens ein Monat seit dem traumatischen Erlebnis vergangen sein.
Die akute Belastungsstörung
Die akute Belastungsstörung tritt meist direkt nach einem traumatischen Erlebnis auf und wird nur diagnostiziert, wenn die Kriterien für sie mindestens drei Wochen, aber höchstens einen Monat andauern. Es sind große Parallelen zur PTSD hinsichtlich der „Auslöser“ und Störungsbilder zu erkennen. Bei den Anpassungsstörungen geht ein identifizierbarer Belastungsfaktor den Symptomen voraus. Gezeigt werden Probleme auf der emotionalen und behavioralen Ebene. Es besteht ein erhöhtes Suizidrisiko.
Anpassungsstörungen
Dieser Bereich bezieht sich auf kürzliche psychische Belastungen, die uns aus dem Gleichgewicht bringen. Dazu gehören vor allem Trauer, Trennungen/Scheidungen, Arbeitsplatzverlust oder andere Ereignisse, aufgrund derer wir uns und unsere Lebensumstände „anpassen“ müssen. Zur Störung kann es kommen, wenn uns alles als „zu viel“ erscheint und wir nicht hinterherkommen mit unserer Antizipation.
Definition „Trauma“ im ICD-10 (der aktuell meistgenutzte Katalog psychischer Störungen)
Um im ICD-10 den Begriff Trauma zu identifizieren, muss man in der Kategorie F4 „Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen“ nachlesen (Dilling, Mombour, Schmidt; 2015; S. 187 ff). In der Teilrubrik F43, in der „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ zusammengefasst werden, findet man auch die PTSD wieder (F43.1; Dilling et al.; 2015; S. 207 ff).
Diese wird in Anlehnung an das DSM-5 wie folgt auf S. 207 beschrieben: „Diese entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes (kurz oder langanhaltend), die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.“ Die Symptomaufzählung deckt sich mit dem DSM-5.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich bei den Beschreibungen in beiden Manualen um individuelle Symptombeschreibungen handelt. Zwar betonen die Autoren auch, dass bestimmte Temperamente und/oder Persönlichkeitsmerkmale verstärkt oder verringernd auf die Symptomintensität wirken können – trotzdem bleibt es eher „schwammig“ formuliert.
Natürlich ist durch die Aufnahme und Charakterisierung traumatischer Belastungsstörungen, insbesondere der PTSD, auch eine Anerkennung der Leiden von traumatisierten Menschen erfolgt. Und ebenso ist das Vokabular, mit dem versucht wird ein typisches Bild von den Betroffenen aufzuzeigen, im klinischen Umgang mit ihnen wichtig und notwendig.
Kritik
Folgt man jedoch nur den o.g. Kriterien, um Trauma zu definieren, vernachlässigt man die sozialen und gesellschaftlichen Bezugsrahmen, in denen sie entstehen und reduziert das Trauma auf ein „Krankheitsbild“, das eben nur „geheilt“ werden muss.
Dass der gesellschaftliche Referenzrahmen aber eine immense Rolle spielt, um Trauma und traumatisierendes oder gewaltsames Verhalten von Menschen zu verstehen, haben bereits einige Autoren nachhaltig herausgearbeitet[1]. Hinzu kommt, dass der oben abgebildete Traumabegriff nicht genutzt werden kann, um Traumata ganzer Familien oder Gruppen bzw. kollektive Traumata zu erfassen.
Literatur-Tipp (Werbung)
[1] Vor allem im Buch „Soldaten“ von Neitzel, Welzer (Fischer; 2011) wir auf den „Referenzrahmen“ des 2. Weltkrieges und das damit verbundene Verhalten detailliert eingegangen. Hier werden wörtliche Gespräche von Soldaten abgebildet und interpretiert. Die Gesprächsprotokolle sind noch immer nicht alle vollständig ausgewertet – sie bilden das Denken und Handeln eines Menschen, der zu Kriegszeiten im Nationalismus gelebt hat, authentisch ab. Ein wertvoller Schatz, um besser zu verstehen, warum Menschen zu Gräueltaten wie in der NS-Zeit fähig waren.
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