Die 5 hartnäckigsten Vorurteile gegenüber Alkoholiker

Noch immer halten sich gegen Alkoholiker hartnäckig einige Vorurteile mit denen Betroffene zu kämpfen haben. Wenn man Dich fragt: Wie stellst Du Dir einen Alkoholiker vor? Dann kommt Dir sicher einiges an Bildern in den Kopf, oder? Ich setze mich in diesem Artikel mit fünf typischen Vorurteilen gegen Alkoholiker auseinander.

Alkoholiker sind arbeitsscheu

Die meisten Menschen denken, dass Alkoholiker arbeitsscheu sind. Dieses Vorurteil ist nachvollziehbar, da Alkoholabhängigkeit eine sehr ernste Krankheit darstellt und die Leute, die daran erkranken, natürlich dann auch oft arbeitsunfähig sind. Allerdings trifft das auch auf andere Krankheiten zu, sodass es absurd ist, zu glauben, dass Alkoholabhängige es öfter sind.

Zudem bedeutet „arbeitsscheu“ ja auch eher, dass Alkoholiker nicht arbeiten wollen. Doch bei vielen Alkoholabhängigen ist es genau andersherum: Sie trinken, um auf Arbeit funktionieren zu können. Der Alkohol hilft ihnen, ihre Schmerzen auszuhalten oder den psychischen Arbeitsdruck standhalten zu können. Da verwundert es sicher auch nicht, dass gerade viele erfolgreiche und ehrgeizige Menschen in die Sucht fallen (z.B. Top-Manager oder Führungspersonal).

Natürlich gibt es auch arbeitslose Alkoholiker und gerade die, die sich aufgegeben haben und die Du am Kios stehen siehst, bestätigen dieses Vorurteil. Jedoch stellt diese Gruppe nur eine kleine Teilmenge aller Alkoholiker dar.

Alkoholiker sind egoistisch und unbelehrbar

Es stimmt, dass Alkoholabhängigkeit relativ oft mit Persönlichkeitsstörungen einhergeht. Allerdings bilden nicht alle Persönlichkeitsstörungen die Eigenschaft egoistisch zu sein oder unbelehrbar ab. Es gibt verschiedene Persönlichkeiten und Störungen und somit ist dieses Vorurteil unhaltbar.

Wenn ein Alkoholiker nur an seinen Suchtdruck denken kann und wie er ihn befriedigen kann, dann scheint es Außenstehenden natürlich so, als seien sie desinteressiert an ihnen bzw. egoistisch. Jedoch hat ihr Verhalten nichts mit der Person an sich zu tun, sondern mit seinem Suchtdruck und seiner Krankheit.

Die Unbelehrbarkeit ist ein Vorurteil, dass sicher daher rührt, dass es eine sehr hohe Rückfallquote bei Alkoholikern gibt. Unsere Suchtgedächtnis ist sehr einprägsam und fordernd. Die Prozesse bei einem Alkoholiker laufen oft unbewusst ab. Deshalb ist es so wichtig in der Therapie und weiteren Suchtangeboten, diese Prozesse bewusst zu machen und zu verstehen. Nur dann kann ein Mensch seine Grundmuster verändern.

Alkoholiker sind ungepflegt und stinken

Auch dieses Vorurteil gegen Alkoholiker ist irgendwie entstanden und hat sich, wie die anderen Vorurteile auch, manifestiert in den Köpfen der Menschen. Natürlich verändert Alkohol den Geruch eines Menschen – dazu zählt der Schweiß oder auch der Atem.

Bei längerem exzessivem Alkoholmissbrauch kann es passieren, dass jemand auch ohne aktuellen Alkoholgenuss krank riecht. Das kann an Leber- oder Nierenschäden bzw. an anderen gesundheitlichen Folgen liegen. Aber darunter leiden andere kranke Menschen auch.

Ungepflegtheit kommt bei Alkoholikern genauso vor, wie bei anderen chronisch Kranken. Der Wille sich zu pflegen kann bei schwerer Erkrankung nachlassen. Jedoch ist das nicht typisch Alkoholiker, sondern trifft auch auf andere Krankheiten zu.

Alkoholiker sind charakterschwach

Die meisten Menschen denken sich bei einem Alkoholiker: Warum hört er oder sie nicht einfach damit auf? Man muss doch nicht trinken. Das entscheidet man doch selbst! Nun ja, genau hier liegt eben der Knackpunkt bei einem Süchtigen: Er kann nicht von allein aufhören und braucht immer mehr von seinem Stoff.

Es gibt viele Möglichkeiten, wie es zu einer Sucht kommen kann – aber der Charakter eines Menschen hat damit wenig zu tun. Vor allem das Modelllernen (z.B. von den Eltern etc.) oder das Bedürfnis belohnt zu werden können eine Rolle spielen. Aber auch genetische Faktoren scheinen ausschlaggebend zu sein. Ein Mensch sucht sich nicht aus, alkoholabhängig zu werden. Genauso wenig, wie sich jemand aussucht gegen Nüsse allergisch zu sein.

Alkoholiker sind aggressiv

Alkohol wird oft mit Aggressionen verbunden. Das ist auch verständlich, da Alkohol eine enthemmende Wirkung hat. Trotzdem greift dieses Vorurteil wieder mal zu kurz, denn nicht alle Alkoholiker werden aggressiv, wenn sie trinken und noch weniger, wenn sie trocken sind. Es gibt auch viele Alkoholabhängige, die sich eher sozial komplett zurückziehen oder ganz ruhig werden, wenn sie getrunken haben.

Da Alkoholiker den Alkohol oft als Bewältigungsstrategie benutzen, um z.B. ihre Emotionen zu regulieren, kommt es auch des Öfteren zu Aggressionsausbrüchen bei Trunkenheit. Unangenehme Gefühle werden „runtergeschluckt“ und entladen sich dann, wenn man sich traut (unter Alkohol ist das wahrscheinlicher) bei oder an anderen.

Fazit

Vorurteile sollten stets kritisch hinterfragt werden und nicht einfach so ins eigene Weltbild übernommen werden. Alkoholismus ist eine ernstzunehmende und weitverbreitete Krankheit und die Menschen schämen sich oft dafür. Eben wegen solcher Vorurteile trauen sich dann viele nicht, sich Hilfe zu suchen. Deshalb ist es wichtig, sich mit Vorurteilen auseinanderzusetzen.

Alkoholiker sind genauso Menschen, wie Du und ich nur eben mit dieser tückischen Krankheit. Es wäre wünschenswert, wenn zukünftig mehr Akzeptanz, Verständnis gegenüber Alkoholikern, sowie Aufklärung über Süchte möglich wäre. Vielleicht würden sich dann mehr als die aktuell nur mageren 15% aller Suchtkranken trauen sich Hilfe zu suchen.